Die Landesvorsitzenden von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Brandenburg, Julia Schmidt und Alexandra Pichl, besuchten am Mittwoch die Lausitzmetropole Cottbus. Auf Einladung der bündnisgrünen Kreisvorsitzenden Petra Weißflog (Cottbus) und Heide Schinowsky (Spree-Neiße) machten sich die Landesvorsitzenden ein Bild von der anlaufenden Strukturwandel-Gestaltung, der Wasserproblematik in der Region und der Aufarbeitung der jüngeren Geschichte. Sie sprachen mit dem Verein Cottbuser Aufbruch und dem Verein Aufarbeitung Cottbus, besuchten das Menschenrechtszentrum im ehemaligen Cottbuser Zuchthaus, tauschten sich mit der Industrie- und Handelskammer aus und erklommen den Merzdorfer Turm mit Blick über den zukünftigen Cottbuser Ostsee. Am Abend trafen sich Mitglieder der Lausitzer Bündnisgrünen persönlich und online zum Austausch über den Strukturwandel mit Umweltminister Axel Vogel, dem Fraktionsvorsitzenden der Bündnisgrünen im Landtag Benjamin Raschke, sowie den Landtagsabgeordneten Ricarda Budke, Isabell Hiekel, Heiner Klemp und Thomas von Gyzicki.
„Cottbus und die Lausitz sind unglaublich vielfältig. Es liegt eine Aufbruchsstimmung über der Region. Die vielfältigen Chancen und Möglichkeiten müssen aber durch die Politik aktiv unterstützt werden, damit aus guten Ansätzen starke Strukturen wachsen können“, sagte JULIA SCHMIDT. Die beiden bündnisgrünen Landesvorsitzenden vernahmen auch kritische Stimmen: So herrsche noch größtenteils Unklarheit darüber, wie es mit dem Strukturwandel weitergehe. Auch was derzeit in Potsdam geplant werde, erreiche oftmals nicht die Region. „Wir müssen die Menschen beim anstehenden Strukturwandel stärker einbeziehen“, resümierte Schmidt nach dem fast 12-stündigen Besuch.
Die Cottbuser Landtagsabgeordnete RICARDA BUDKE machte Hoffnung auf eine bessere Beteiligung: „In harten Verhandlungen ist es uns gelungen, dass die Zivilgesellschaft mit einem eigenen Fonds zukünftig aktiv beteiligt wird. Die Vergabe der Gelder soll durch einen Beirat erfolgen“. Ein entsprechender Antrag soll bereits nächste Woche im Landtag behandelt werden. Die bessere Beteiligung der Zivilgesellschaft hatten zuvor unter anderen auch das Menschrechtszentrum, die Umweltgruppe Cottbus und Vertreter der Kirche angemahnt. „Jetzt geht es an die konkrete Ausgestaltung: Im neuen Sonderausschuss Strukturwandel können wir genau darüber sprechen. Gerade deshalb ist es wichtig, dass der Ausschuss regelmäßig in der Lausitz tagt“, sagte die Landtagsabgeordnete und Studentin an der Cottbuser Universität (BTU).
Zudem müsse die Einbindung der Kommunen verstärkt werden. „Eine wichtige Frage für Kommunen ist, wie bzw. in welchem Umfang sie sich an Strukturwandelprojekten mit eigenen Mitteln beteiligen müssen“, fasste HEIDE SCHINOWSKY die Stimmung in der Lausitz zusammen. „Aufgaben zur Gestaltung des Strukturwandels sind eine zusätzliche Belastung. Gerade kleinere Kommunen haben oft weder das Personal noch die freien Mittel, um entsprechende Projekte zu stemmen. Hier zeichnen sich inzwischen Lösungen von Landesebene ab“, erklärte Schinowsky. Auch bei der Nachnutzung des Kraftwerkgeländes vor ihrer Haustür in Jänschwalde gebe es noch erhebliche Defizite. „Aktuell plant die LEAG eine Müllkippe und eine riesige Müllverbrennungsanlage. So haben wir uns vor Ort den Strukturwandel nicht vorgestellt“, sagte die Jänschwalderin.
Beeindruckt hat die beiden bündnisgrünen Landesvorsitzenden auch der Besuch im Menschenrechtszentrum im ehemaligen Cottbuser Zuchthaus. Im bereits 1860 eröffneten und auch während des Nationalsozialismus‘ genutzten Cottbuser Gefängnis waren zu DDR-Zeiten vor allem politische Gefangene unter unmenschlichen Bedingungen untergebracht. ALEXANDRA PICHL würdigte das Engagement ehemaliger Häftlinge zum Erhalt der Stätte: „Wir dürfen das niemals vergessen. Ziel der Aufarbeitung muss eine Stärkung der lebendigen und widerstandsfähigen Demokratie sein. Aus der Vergangenheit lassen sich Lehren für die Zukunft ziehen.“
Der Brandenburger Landtag hatte die Bundesregierung im Juni aufgefordert, im Menschenrechtszentrum eine Außenstelle der Stasi-Unterlagenarchivs einzurichten. „Auf Bundesebene werden dazu aktuell die Weichen gestellt“, sagte HEIDE SCHINOWSKY, die sich seit Jahren im Bereich der Aufarbeitung von DDR-Unrecht engagiert.
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