Lausitzer Bündnisgrüne regen eine Kommission zur Bewältigung der Braunkohlesanierung und zur Sicherung des Wasserhaushalts an. „Schon heute ist klar, dass wir uns auf einen erheblichen Wassermangel einstellen müssen. Um sich der komplexen Situation zu stellen, braucht es im Prinzip ein breit aufgestelltes Gremium, das eine Roadmap mit Masterplan für die Braunkohlesanierung und zur Sicherung des Wasserhaushalts erstellt. Vorbild hierfür könnte die Kohlekommission sein“, sagt die Vorsitzende der Grünen im Kohlekreis Spree-Neiße Heide Schinowsky als ein erstes Resümee der Wasserkonferenz von Lausitzer Kreisverbänden der Bündnisgrünen.
Am Freitag trafen sich in den Cottbuser Messehallen und online etwa 170 Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf einer hochkarätig besetzten Konferenz und diskutierten Probleme und Lösungen. Neben dem Brandenburger Umweltminister Axel Vogel und der Staatssekretärin im Bundesumweltministerium Bettina Hoffman brachten auch Wasserexperten, Gemeindevertreter, Braunkohleunternehmen, Wasserstoffnetzbetreiber und Umweltverbände ihre Sicht ein. Experten wie Dr. Gero von Daniels, Leiter der Bund-Länder Geschäftsstelle Braunkohlesanierung, wie auch René Schuster von der Bundeskontaktstelle Braunkohle der Grünen Liga betonten die durch die Braunkohleförderung verursachten „Ewigkeitskosten“.
Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel sieht „gewaltige Herausforderungen“. Der Minister wies darauf hin, dass die wasserabhängigen Nutzungen entlang der Spree in den letzten Jahrzehnten gestiegen seien und man sich an das künstlich erhöhte Wasserangebot gewöhnt habe. Hier werde es in der kommenden Zeit zu „deutlichen Einschränkungen“ kommen müssen, kündigt Umweltminister Vogel an.
Seit Beginn der Industrialisierung im 19. Jahrhundert wurde in der Lausitz zur Förderung der Braunkohle Grundwasser abgepumpt und in die Spree abgeleitet. Laut dem Vorsitzenden des Wasserclusters Lausitz Ingolf Arnold wurde von 1900 bis 2020 etwa 58,4 Milliarden Kubikmeter Wasser bewegt. Mit dem Auslaufen der Kohleförderung werde Ende der 2020er Jahre vorrausichtlich ein aufzufüllendes Wasserloch von 6 Milliarden Kubikmeter „klaffen“, so der ehemalige Chefgeologe der LEAG. Der Bundestagsabgeordnete Bernhard Herrmann mahnte, dass Bund und Länder die Aufgaben gemeinsam angehen müssen und man das wichtige Thema Wasser nicht dem Bergbaubetreiber überlassen dürfe. Man würde sich in die Tasche lügen, wenn man darauf hoffe, dass die Kohleförderer das Problem lösen würden, warnte das grüne Mitglied im Wirtschaftsausschuss des Bundestags.
„Die Aufgabe ist extrem komplex und wird von den Folgen des Klimawandels und den Transformationsprozessen überlagert“, sagte Bundesumweltstaatsekretärin Bettina Hoffman. Derzeit arbeite man an großräumigen Wassermodellen. Zudem untersucht das Umweltbundesamt in einer Studie die wasserwirtschaftlichen Folgen des Kohleausstiegs. Erste Ergebnisse sollen bereits Ende des Jahres vorliegen, kündigte die Staatssekretärin an.
Positive Nachrichten im Hinblick auf die Sanierung der DDR-Tagebaue kamen von der Bundesebene. Die Brandenburger Bundestagsabgeordnete Annalena Baerbock unterstrich bereits im Vorfeld der Konferenz, dass der Bund die Region nicht im Stich lasse. „Demnächst wird das neue milliardenschwere Verwaltungsabkommen zur Braunkohlesanierung der DDR-Tagebaue bis 2027 unterschrieben werden. Wir machen uns aber auch jetzt schon Gedanken über die Zeit danach bzw. die langfristigen Folgen der Braunkohleförderung auf den Wasserhaushalt. Hier wurden Ewigkeitskosten verursacht, die es zu managen gilt“, sagt Annalena Baerbock. Der Leiter der Bund-Länder-Geschäftsstelle für die Braunkohlesanierung Dr. Gero von Daniels erklärte auf der Konferenz, dass das neue Verwaltungsabkommen in diesem Sommer unterschrieben werde, sogar mit einem etwas höheren Finanzvolumen als bisher.
Unklar ist noch der Wasserbedarf beim Aufbau der Wasserstoffwirtschaft. Der Braunkohleförderer LEAG will sich zwar mit zahlreichen Projekten daran beteiligen, kann aber noch keine konkreten Zahlen zum Wasserbedarf beziffern. Laut dem Gasnetzbetreiber Ontras werde die Lausitz – wie auch ganz Deutschland – auf Import von grünem Wasserstoff angewiesen sein. Ein Konsortium aus Unternehmen habe mit einem „European Backbone“ erste konkrete Ideen für ein europäisches Wasserstoffnetz vorgelegt. Demnach könne grüner Wasserstoff für die Lausitz theoretisch aus Nordeuropa, dem Baltikum oder auch aus Osteuropa kommen. Carolin Rößler von Ontras wies darauf hin, dass man auch auf Wasserstoff aus der Ukraine im Blick habe. Trotz des Angriffskriegs gäbe es weiterhin hohes Interesse an wirtschaftlicher Zusammenarbeit. Ein Problem sei, dass die Lausitz in den derzeitigen Plänen nicht direkt an das europäische Wasserstoffnetz angeschlossen sei. Wie ein Anschluss der Lausitz umgesetzt werden könne, wird aktuell in einer über Strukturwandelgelder finanzierte Machbarkeitsstudie untersucht, berichtete Heiko Jahn von der Wirtschaftsregion Lausitz.
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